Ein beeindruckendes Debüt
Von Stefan Pieper
Anna Karácsonyi stand mit Liszts Es-Dur-Klavierkonzert im Rampenlicht.
Auftritt mit dem Orchester der Musikgemeinschaft Marl
Marl
Dieses Konzert war ein besonderes Debüt: Anna Karácsonyi, die sich gerade einen zweiten Preis beim
Bundeswettbewerb von "Jugend musiziert" erspielt hat, trat erstmals mit der Musikgemeinschaft ins
Rampenlicht - mit einem herausfordernden Virtuosenkonzert!
Die Bravourleistung der 15-jährigen Marlerin produzierte lauten Beifallsjubel im Marler Theater. Der
galt auch dem Orchester, das sich in Bestform zeigte.
Maximale Ausdruckskraft entfaltet
Franz Liszts Erstes Klavierkonzert pflegt den flexiblen Dialog zwischen Orchester und vielen extrovertierten
Klavierparts, die oft wie kleine Kadenzen anmuten. Auf Anhieb funktionierte die Kommunikation zwischen der jungen
Solistin und dem reaktionsschnell aufspielenden Orchester unter Wolfgang Endrös Leitung.
Endrös gibt einer beweglichen Gestaltung der Tempi allen Raum - so etwas braucht Anna Karácsonyi,
um in ihrem Klavierspiel maximale Ausdruckskraft zu entfalten. Ihre Hände schweben manchmal fast über den
Tasten, könnte man meinen! Umso überraschender ist der sanfte, aber energische Druck und damit eine
selbstbewusste Anschlagskultur in ihrem Spiel. Konzentriert, beseelt, auch vorwärtsstürmend reißt
sie in ihrem Spiel das Orchester mit. Diese junge Marlerin ist auf einem denkbar guten Weg! Den begeisterten Beifall
honorierte sie mit einer tief empfundenen Cis-Moll-Mazurka von Frédéric Chopin.
Eine Entdeckung
war auch ein eher selten gespieltes Repertoire aus Bedrich Smetanas "Mein Vaterland": Über die
berühmte Tondichtung aus der Moldau hinaus bietet der Zyklus auch ganz andere Stücke. Schwungvoll und
straff artikuliert lieferte das Orchester mit den Tondichtungen "Tábor" und "Blaník"
einen temperamentvollen Konzertauftakt. Schließlich entließ die Marler Musikgemeinschaft ihr dankbares
Publikum mit einer mitreißenden Interpretation von Beethovens Fünfter Sinfonie c-Moll in die Sommerpause.
Jeder Satz ist ein kolossales Meisterwerk für sich - heroisch und lyrisch, manchmal tiefernst und
kämpferisch, fortschrittlich in die Zukunft blickend und zugleich sich vor der Vergangenheit verneigend.
Endrös hatte mit dem Orchester viel an den Details gearbeitet. Ein entsprechendes "verstehendes"
Musizieren war die logische, hörbare Konsequenz im Marler Theater.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Dienstag, 04.07.2017
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