Frischer Wind im Theater
MARL: Sänger und Orchester begeistern beim Oratorium
Von Stefan Pieper
Was wäre Weihnachten in Marl ohne eine Aufführung von Bachs berühmten Oratorium? Wofgang
Endrös, Leiter der Marler Musikgemeinschaft, lässt frischen Wind aufkommen, wenn er dieses Thema
einmal in neuen "Variationen" präsentiert. Entsprechend gab es im Theater Marl am Freitag
zusätzlich zu Bachs erster Kantate aus dem Weihnachtsoratorium zwei weitere "Kontrastprogramme".
Für den Chor der Musikgemeinschaft stand an diesem Abendeine neue, mutige Premiere ins Haus: In Johannes
Brahms Motette "O Heiland reiß die Himmel auf" sang der Chor a capella, stand also ganz allein
auf der Bühne. Die Sänger schlugen sich tapfer. Aber an dieser Auftrittsform muss weiter gefeilt
werden. Lohnen wird sich die Arbeit auf jeden Fall.
Wieder in voller Besetzung erzeugte dann die Musik Johann Sebastian Bachs ein freudvolles Ganzes. Ihre große
Stunde hatte diesmal die junge Solotrompeterin Annabel Bialas, die mit spritzig-selbstbewusstem Elan die
ausgiebigen virtuosen Parts erstrahlen ließ -und vom Publikum zu Recht begeistert gefeiert wurde! Überhaupt
sind in der Musikgemeinschaft viele kompetente Nachwuchskräfte hinzu gekommen, nicht zuletzt, weil Wolfgang
Endrös die lebendige "Vernetzung" zwischen Musikgemeinschaft und Marler Musikschule vorbildlich
pflegt. Mit zupackendem Schwung, manchmal fast schon etwas zu stark getrieben, gingen alle Beteiligten in Bachs
festlichem Magnificat zu Werke. Was aber nie zu Lasten der vielen kunsvollen Details in diesem Wechselspiel aus
fünfstimmigem Chorsatz und vielgestaltigen Arien ging.
Solisten zeigten Klasse und begeistern
Alles ist hier um Martin Luthers Weihnachtslied "Vom Himmel hoch" zentriert - ein passendes Statement
zum Abschluss des ausgehenden Luther-Jahres.
Auch bei den Gesangssolistinnen des Abends zeigt sich, dass genug junge Menschen das klassische Musikerbe
pflegen. Die 23 Jahre junge Franziska Lück brachte ihren hauchzarten Sopran in Bachs Magnificat zum Leuchten.
Bachs Musik ist für die vielseitig aufgestellte Künstlerin kein Widerspruch zu anderen Betätigungsfeldern,
etwa in Popmusik-Bands.
Für die verhinderte Charlotta Schäfer war Nadja Buchinger als weitere Sopranistin eingesprungen, deren
feminines, weiches Timbre tief berührte.
Ebenfalls herrlich sensibel agierte die Mezzosopranistin Agnes Thorsteins. Tenor Thomas Iwes wurde als Rezitator
sämtlichen erzählerischen Qualitäten seiner Partie gerecht. Und eine Freude ist es jedes Mal, wenn
der ausdrucksstarke Bass Harald Martini mit seiner überragenden Bühnenpräsenz immer aufs Neue
die Aufführungen der Marler Musikgemeinschaft krönt.
Quelle: Marler Zeitung, 27.12.2017
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