Abend der musikalischen Glanzlichter
MARL: Wolfgang Endrös und das Orchester der Marler Musikgemeinschaft spielten zum Neujahrs-Marathon auf
Von Stefan Pieper
Fast drei Stunden mitreißende Musik gepaart mit unterhaltsamer Moderation vergehen beim Neujahrskonzert der
Marler Musikgemeinschaft am Samstagabend wie im Flug. Denn Wolfgang Endrös macht einige grundlegende Dinge
richtig: Er schafft es, das Publikum und Orchester auf eine gemeinsame enthusiastische Welle einzuschwören -
und dabei auch überaus kenntnisreiche Musikhistorie zu vermitteln.
Da überrascht so manche Geschichte, die sich hinter der Musik verbirgt: Wussten Sie, dass sich Johannes Brahms
und Antonin Dvorak gegenseitig manche ihrer Stücke zur kritischen Prüfung vorlegten? Um Johannes Brahms
und sein historisches Umfeld geht es an diesem Abend im weitesten Sinne. Mit solidem Schwung spielt sich das
Orchester in der "Akademischen Festouvertüre" warm, bei der übrigens Sauflieder aus der
Studentenbewegung wie das berühmte "Gaudeamus Igitur" Pate standen.
Das innige Verhältnis zwischen Clara und Robert Schumann spiegelt dessen einsätziges Konzert-Allegro
wider. Der fabelhaft sensible Pianist Tobias Haunhorst wird im Dialog mit dem Orchester zum einfühlsamen
Vermittler dieser ganzen in Töne gesetzten Emotion.
Die durchaus "exotisch" anmutende Musik von Zigeunern übte eine magische Wirkung auf viele Komponisten
im 19. Jahrhundert aus. Endrös und die Musikgemeinschaft präsentieren dieses Thema in einer überaus
farbenreichen Gesamtschau: Mit ungarischen Tänzen von Brahms und einer virtuosen Klavierfantasie von Franz
Liszt. Einmal mehr offenbart Tobias Haunhorst seine ganze filigrane Spielkultur. Und auch das Orchester ist in
Bestform an diesem Abend - die kollektive Begeisterung aller Beteiligten ist nun mal das beste Treibmittel: Mit
straffem Timbre gehen die Streicher in den Ungarischen Tänzen zu Werke, ein Feuerwerk an leuchtenden Details
liefern vor allem die Holzbläser ab - und beweglich und tänzerisch geht das Orchester mit, als Endrös
im Walzer von der blauen Donau das Tempo dehnt, damit sich ein wirkungsvoller Walzerschwung über das sture
Metrum erhebt.
Angesichts des riesigen Beifalls fehlt eine Kult-Einlage zum Abschluss nicht: Bei der "ewigen" Hymne an den
Ruhrgebiets-Lokalpatriotismus "Glück auf, der Steiger kommt" wendet sich Endrös an das Publikum
und animiert es zum Mitsingen.
Quelle: Marler Zeitung, 16.01.2018
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